176 min.
FSK 12
Deutschland , 2021

Fabian oder der Gang vor die Hunde

Berlin gegen Ende der Weimarer Republik. Die Stadt brodelt, das Leben oszilliert zwischen Vergnügungssucht und Resignation, in der Gesellschaft gärt es. Kriegstraumata, Arbeitslosigkeit, Depression und Sehnsucht nach Liebe. Jakob Fabian (Tom Schilling) arbeitet eher erfolglos in der Werbeabteilung eines Zigarettenherstellers. Der Germanist will eigentlich Schriftsteller werden. Stattdessen schreibt er Zigarettenreklame. Nicht zuletzt deshalb hadert er mit sich selbst.

Seine Nächte sind chaotisch. Und sie spucken ihn am Morgen wieder vor seinem möblierten Zimmer in der Schaperstraße aus. Eines Abends trifft er im Berliner Nachtleben die selbstbewusste Cornelia von Battenberg (Saskia Rosendahl), „Ich bin fünfundzwanzig Jahre alt, und von zwei Männern wurde ich stehen gelassen. Stehengelassen wie ein Schirm, den man absichtlich irgendwo vergisst“, gesteht sie ihm. „Stört Sie meine Offenheit?“, will die junge Frau von ihm wissen. Für Fabian ist sie die Liebes seines Lebens. Er fühlt sich herausgefordert.

Der engagierte Regisseur Dominik Graf spielt gern nach eigenen Regeln. Das beweist auch seine Adaption von Erich Kästners 1931 erschienenem Berlin-Roman Sein meisterhaftes dreistündiges Sittengemälde der Weimarer Republik fasziniert nicht zuletzt mit atemlosem Formalismus. Historische Archivaufnahmen und Split-Screen-Bilder treffen auf schnell geschnittene Szenen, gedreht mit perfekt bewegter Kamera. Die Geschichte eines Moralisten, der auf den Sieg der Anständigen wartet, an den er selbst nicht mehr glaubt, schlägt geschickt Brücken zur Gegenwart.